Die Mitgliederversammlung ist ein paar Wochen her, so langsam kehrt wieder etwas Ruhe unter dem roten Dach in der Mercedesstraße ein. Nach außen auf jeden Fall. Claus Vogt ist Geschichte und damit der zweite Präsident des VfB Stuttgart in Folge, der eine Mitgliederversammlung nicht überstanden hat. Ja, Wolfgang Dietrich wurde nicht abgewählt, erkannte aber die Wucht der Stimmung, die ihm entgegen schlug und machte sich vorsichtshalber aus dem Staub. Jetzt stehen wir Mitglieder da und der Blick geht natürlich nach vorne zur außerordentlichen Mitgliederversammlung, die entweder noch Ende des Jahres oder zu Beginn 2025 kommen wird. Dietmar Allgaier, der Interimspräsident, nannte diese Eckdaten gleich bei seiner Vorstellung. Es dürfte eine seiner Hauptaufgaben sein diese Mitgliederversammlung auf die Beine zu stellen. Er selbst, das hatte er bereits betont, wird nicht zur Wahl stehen. Die Wahl des Vereinsbeirats geht in Ordnung, eine unbefleckte Persönlichkeit, die sich mit Gremienarbeit gut auskennt, das kann ein ganz guter Ansatz sein, da dies genau Punkte waren, die seinem abgewählten Vorgänger abgingen.
Die Preisfrage, die man schon oft vor der Mitgliederversammlung hörte war „wer soll es denn machen“, „wer bewirbt sich überhaupt noch auf eine solche Position“. Was soll ich euch sagen, ich weiß es auch nicht. Die Frage hörte man im übrigen auch bei fast jeder Trainerentlassung der letzten Jahre. Gut, wir sind da auch durch ein Tal der Tränen gegangen, ich darf die Namen Markus Weinzierl oder Bruno Labbadia hier mal kurz unterbringen. Aber am Ende, da kam ein Sebastian Hoeneß und hat den VfB auf ein ganz neues Level gehoben. Eigentlich zu einem Zeitpunkt an dem man dachte, das macht doch eh keiner mehr und es kommen ein Markus Gisdol oder ein ähnliches Kaliber. Natürlich ist das Präsidentenamt eine ganz andere Position, aber vielleicht kann uns der Blick in die AG eben aufzeigen, dass es möglich ist, mit einem neuen guten Präsidenten oder natürlich einer guten neuen Präsidentin in die nächsten Jahre zu gehen. Ein Vorteil an der Sache ist mit Sicherheit meiner Meinung nach, dass die Auswahl nicht mehr der Vereinsbeirat trifft. Egal ob unter Dietrich oder dann unter Vogt, der Vereinsbeirat war immer zu stark in Lager geteilt, es waren zu oft „die Seinen des Präsidenten“, die dort das Sagen hatten. Das gehört der Vergangenheit an und der, bei der Mitgliederversammlung neu ins Leben gerufene, Wahlausschuss darf gleich richtig in die Vollen gehen und eine Auswahl treffen.
Was haben uns die letzten zwei Präsidenten gelehrt? Ein Hardliner wie Wolfgang Dietrich, dem die Mitglieder und Mitgliederbelange gelinde gesagt scheißegal sind, der auch zu unlauteren Praktiken greift oder Mitgliederdaten bereitwillig weitergibt, der isses nicht. Das quasi Gegenstück dazu, ein fannaher Präsident, einer der auch mal in der Kurve stand, sich mit Schal in der leeren Kurve ablichten lässt, am Ende es aber auch nicht so genau mit der Wahrheit hat, der isses auch nicht. Es muss doch irgendwas in der goldenen Mitte geben, das wäre meine Hoffnung und umso wichtiger um diese Unruhe und Unwucht im Verein wieder in den Griff zu bekommen. Bei Dietrich gab es sozusagen den Kampf zwischen Kapital und Kurve, bei Vogt verteilten sich die Lager, die Kurve war unterteilt in Pro und Contra Vogt (am Ende zu 86% auf der Contra Seite, aber das war bekanntlich nicht immer so). Es „kämpften“ in den sozialen Medien Mitglieder gegeneinander, die noch unter Dietrich eisern zusammenhielten. Vogt gelang es zu keinem Zeitpunkt die Risse, die unter Dietrich entstanden sind zu kitten, nein es kamen sogar deutlich mehr Risse dazu. Ein neuer Präsident, auch jetzt schon Allgaier, hat eine wahnsinnig große Aufgabe, diese Risse nicht größer werden zu lassen, sondern Gräben zuzuschütten. Die Kurve, allen voran die aktive Fanszene muss wieder ins Boot geholt werden, aber auch der Bogen zum Kapital muss gespannt werden. Mit Sicherheit tut diesem Amt eine gewisse Erfahrung in wirtschaftlichen Themen gut, in Gremienarbeit (sei es in Verbänden, Parteien, Vereinen oder einem Aufsichtsrat), damit die Nachfolge von Claus Vogt wieder den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehmen kann und vor allem muss. Aber ein zweiter Wolfgang Dietrich, weit weg von der Basis, weit weg von der Kurve darf es auch nicht werden. So können wir alle gespannt sein, wer sich auf das Amt bewirbt, wer zugelassen wird und wer am Ende unserem wunderbaren Verein vorstehen darf.
Ob die oben angesprochenen Mitglieder untereinander irgendwann wieder zusammenkommen? Ich bezweifle es, die Nachwehen des Claus-Vogt-Kampfes werden noch sehr lange nachwirken. Zu viel ist vorgefallen, zu viel auch auf persönlicher Ebene. Und nein, ich nehme mich da nicht raus. Vielleicht folgen kleine Schritte, vielleicht werden in persönlichen Gesprächen manche Dinge aus dem Weg geräumt. Anders kann und wird es glaube ich nicht gehen.