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Arschtritt für die treuen Fans

Ein letzter Rant. Ja, ich habe mich auf BlueSky die letzten Tage schon ausgiebig zum Ticketthema ausgelassen. Ich bin immer noch enttäuscht und sauer, wie der VfB – geprägt von meinem Freund Alexander Wehrle – hier mit den treuen Fans umgegangen ist. Vielleicht mal gleich vorab geklärt, es geht nicht darum, ob jemand der dem VfB seit ein paar Monaten oder seit Jahrzehnten die Daumen drückt. Es geht nicht um „ich bin ein besserer Fan“ oder „ich bin mehr Fan“. Es gibt aber, für mich, Kriterien auf die man sich als Traditionsverein berufen sollte. Tun wir Fans ja auch so gerne, dass „wir“ was besseres sind, weil wir mehr Tradition haben als Hoffenheim, als Leverkusen, als Wolfsburg, als Leipzig. Warum, weil es uns länger gibt, weil der VfB schon in den Fünfzigern Pokal und Meisterschaften gewonnen hat, unsere Fanbasis über Jahrzehnte gewachsen ist. Da verweisen wir sehr gerne drauf. Tradition und so.

Bei der Ticketvergabe war dem Traditionsverein, der das 1893 auch gerne aus Vermarktungsgründen offensiv bewirbt, die Tradition der eigenen Fans gar nicht mehr so wichtig. Schon kurz nach dem Spielende gegen Leipzig gab der VfB bekannt, dass die Tickets unter allen VfB Mitgliedern verlost werden. Dazu konnte sich jedes Mitglied gleich auf zwei Tickets bewerben. Wer war direkt schon außen vor? Dauerkarteninhaber, die kein Mitglied sind. Davon gibt es viele. Viele, die den Verein seit vielen Jahren unterstützen, in der zweiten Liga dabei waren, ja vielleicht sogar in den Coronajahren auf die Rückzahlung der Dauerkarte verzichten haben, um ihren VfB zu unterstützen. Aber so etwas interessiert eine VfB AG mit Wehrle und Kasper nicht. Nein, man hat sogar die Chuzpe, sich hinzustellen und zu sagen, dass Dauerkarteninhaber ja den Vorteil haben alle Heimspiele immer sehen zu können, auch Sonderspiele wie die Relegation und ein Recht auf die CL Tickets hatten. Danke Rouven, vielen Dank, das ist sehr lieb, dass wir uns das 2:2 gegen Union Berlin anschauen konnten, davon träume ich heute noch. Unvergessliches Highlight. Oder das 1:2 gegen Wehen Wiesbaden.

Und die Verteilung. Leute, 5.300 Tickets für „euch“ und die Sponsoren, gerade einmal 11.000 Tickets dann an die Mitglieder und 8.000 an gut 600 Fanclubs mit 25.000 Mitgliedern. Sprich wir gründen jetzt alle einen Fanclub, da hatte ich fast ne 1:3 Chance, als Mitglied war ich jenseits von 1:10. Ist das so richtig? Ganz vergessen: als Fanclub-Mitglied konnte ich mich bewerben und in der normalen VfB Mitglieder Verlosung auch – das ist natürlich wirklich fair.

Die Ticketverlosung lief und schon tauchten die ersten Tickets von Mitgliedern bei Kleinanzeigen auf. Nochmals vielen Dank, das sind wirklich die Geister die ihr gerufen habt. Ich verwette einiges, dass mit einem Verkauf an Dauerkarteninhaber nicht so viele Tickets auf den Markt gekommen wären. Weil die Leute wollen halt wirklich hin. Aber nein, einige Mitglieder konnten doch ganz überraschend nicht am 24. Mai – das ist natürlich schade. Hätten alle Tickets an Dauerkarteninhaber gehen müssen? Nein, natürlich nicht. Aber vielleicht unter denen ein gewisses Kontingent verlosen. Höhere Chancen für treue Fans wäre schon mal ein Ansatz gewesen.

Ich kenne wirklich viele VfB Fans (äh Mitglieder) und wirklich niemand, absolut niemand den ich persönlich kenne hat gewonnen. Aber schön zu lesen, dass eine Sekretärin für ihren Chef und den Sohn zwei Tickets gewonnen hat und auch sonst Leute, die das Neckarstadion vielleicht einmal von innen gesehen haben. Da freut sich das Fanherz.

Und dazu noch ein paar persönliche Zeilen: ich bin maximal enttäuscht und es freut mich, wenn es Leute gibt, denen das weniger ausmacht. Mir macht es halt was aus, mir hat es vielleicht auch einfach mehr bedeutet? Und nein Danke, ich will dann nicht nach Berlin, weil ich das nicht ertrage in der Stadt zu sein und nicht ins Stadion zu können. Kann man sich natürlich über alles lustig machen, aber vielleicht gibt es unterschiedliche Menschen, die da halt nicht so cool sind wie du – wie ihr? Und zum Abschluss: wenn du professionell „unabhängig“ über den VfB sprichst, dann kann man natürlich locker und flockig sagen, dass die Vergabe des VfB absolut okay war (und sonst auch nicht fair gewesen wäre) und man sich doch für die Leute freuen soll, die nach Berlin können. Na klar, wenn ich ein Ticket sicher in der Tasche habe, dann hab ich leicht reden. Halt doch dein Mowl.

So, das war es.

2 Kommentare

  1. Trifft zu 1893% auch meine Gefühlslage mit dem kleinen Unterschied, dass ich nicht so sehr wegen der Ticketabsage enttäuscht bin (darauf war ich innerlich vorbereitet), sondern wegen dem Umgang des VfB mit den wirklich treuen Fans/DK-Inhabern/Mitgliedern. Das hätte man viel gerechter lösen können, auch ohne freilich alle glücklich machen zu können. Da geht es auch um Prinzipien/Werte! Ich bin 1991 aus reinem Idealismus in den Verein eingetreten, damals gab es so gut wie keine Vorteile für eine Mitgliedschaft. Mit Tickets konnte man schon gar nicht locken, denn der Zuschauerschnitt im Neckarstadion lag bei ca. 30.000. Wenn man heute damit prahlt, mit 120.000 + X Mitgliedern der größte Verein in BW zu sein, dann sollte man bedenken, dass ein enormer Anteil dieser Mitglieder nichts anderes als Kunden sind, die nur wegen dem Ticketing Mitglied geworden sind. Das erklärt nämlich auch das geringe Interesse an Mitgliederversammlungen, aber das ist wieder ein anderes Thema… Jedenfalls empfinde ich es so, dass der Verein sein Herz und seine Seele für die Aussicht auf Tickets verscherbelt hat!
    Und es ist wieder der reine Idealismus, der mich Gedanken darüber, ob das wirklich noch mein Verein ist, verdrängen lässt.
    Just my 2 Cents

    1. Genau das. Die Mitgliedschaft wird ja mit dem Benefit verkauft, dass man eine Chance auf Tickets hat. Quasi ein Vorverkaufsrecht. Ich bin mit Unterbrechung (Dietrich) seit Anfang der 2000er Mitglied, auch damals war das rein aus „ich will ein Teil vom VfB sein“ und ohne Hintergedanken. Aber das zählt alles aktuell nichts mehr beim VfB.

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