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Rede VfB Mitgliederversammlung

Wie einige vielleicht schon mitbekommen haben, kann ich durch die Verlegung der Mitgliederversammlung auf das letzte Sommerferienwochenende nicht an der diesjährigen Mitgliederversammlung teilnehmen. Auch wenn man mir „nicht mehr helfen kann mit schulpflichtigen Kindern“ laut Aussage auf Twitter, aber wir haben unseren Sommerurlaub halt eben auf die letzten zwei Wochen gelegt. Meine Rede kann ich daher nicht halten, geschrieben habe ich sie aber trotzdem. Das wäre sie gewesen und wäre in fünf Minuten machbar gewesen:

Liebe VfB-Mitglieder, wir haben vor ein paar Jahren Wolfgang Dietrich überstanden (oder kann man sagen vom Hof jagen können), die Hoffnung auf eine Verbesserung, auf eine bessere Zukunft war überall zu spüren. Die Mannschaft hatte den Wiederaufstieg geschafft und mit Sven Mislintat, Thomas Hitzlsperger und Thomas Krücken waren Personen im Amt, die uns einen neuen, anderen VfB glaubhaft vermitteln konnten. Aufbruchstimmung. Dazu auch noch ein neuer Präsident, ein vermeintliches Gegenstück zu Dietrich, ein Mann aus der Kurve, der uns versprach offen und ehrlich zu kommunizieren, Transparenz zu leben. 

Auf dem Papier sah es so schön aus, nur die Realität hatte mit all dem nichts zu tun. Thomas Hitzlsperger verließ nach dem offenen Brief den VfB, Mitglieder des Vereinsbeirats, wie Frau Schosser und Herr Bizer, gaben ihr Amt auf. Generell erlebten wir eine sehr hohe Fluktuation. Alle bemängelten, dass es die versprochene Transparenz, die offene Kommunikation nie gab. Es wurde immer als Unwahrheiten abgetan, aber warum sollten sie alle lügen? Das alles betrifft nicht nur den Verein, auch in der AG erleben wir fast täglich mangelnde Transparenz und schlechte Kommunikation. Wer erinnert sich nicht noch an die Pressekonferenz mit Lahm, Khedira und Gentner. Alex Wehrle musste seine nicht ganz korrekten Aussagen, ob und wie Sven Mislintat eingebunden war, kurz danach via Pressemitteilung revidieren. Die Gespräche mit Sven Mislintat wurden, trotz “entspannt euch mal”, immer weiter nach hinten geschoben und natürlich lag es am Ende nur an Mislintat, dass es hier für ihn nicht weiterging. Und dann war noch so eine Wahrheitsbeugung: Der Sponsor wird kein chinesischer Wettanbieter und müsse zu den Werten passen –  ja es wurde ein französischer Wettanbieter. Und die Werte, ja die Werte standen nur noch im VfB Leitbild aus dem letzten Jahr. Konnte man beim Sponsor noch sagen “wir brauchen halt das Geld und müssen die Werte biegen”, spätestens bei Jokerstar ein paar Tage später war klar: der VfB – entschuldigt bitte – scheißt auf die eigenen Werte und es zählt nur das Geld – Geld welches immer wieder in der AG versickert.

Langes Abtauchen, wenn die Themen gerade nicht so positiv sind, ist für unseren Schönwetterpräsidenten auch keine Seltenheit. Läuft es gut, wie bei einem gewonnen Relegationsspiel, der Präsentation des Weltmarkenbündnisses oder der Gründung der Stiftung, dann zeigt er sich auf Twitter. Erklärende Worte zum neuen Trikotsponsor, da er als ehemaliger Präsident des FC Fairplay sich deutlich eben gegen Wetten gestellt hat? Natürlich nicht, Kay Bernstein bei Hertha versuchte es wenigstens. Einzelnen Mitgliedern wird ein Gespräch angeboten, aber die Masse bleibt uniformiert, dabei wäre vieles für alle interessant. Generell erstaunlich ist, dass einige – dem Präsidenten gut gesonnene – Personen auf Twitter per Standleitung mit Informationen versorgt wurden und diese bereitwillig weitergeben durften. Man muss vermuten, dass diese das mit dem Segen aus dem Verein taten, sonst hätte man doch versuchen müssen, diese Quellen auszutrocknen. Nein, sie durften immer weiter Infos und sogar Vertragsinhalte weitergeben. Woher diese wohl kamen? Und wer im Vereinspodcast Labbadia immer noch schön redet, er hätte ja auch Fitness und Disziplin in die Mannschaft gebracht, garniert mit der Aussage “eine Mannschaft muss auch mal zu Trainer passen”, hat wenig vom Sportlichen verstanden, beeinflußt aber leider das Geschehen auf dem Platz mit seinen Entscheidungen massiv.

Und am liebsten hat unser Präsident seine eigenen Leute um sich, im Vereinsbeirat sein Freund und Fairplay-Wegbegleiter Andre Bühler. Auch sonst findet man Leute vom FC Fairplay gerne im Kosmos des Präsidenten, die entweder direkt oder indirekt, z.B. über Blogartikel sehr positiv über den Präsidenten schreiben. Im Aufsichtsrat wurde bei der neuen Besetzung kurzerhand Bertram Sugg durch den Präsidenten mit Beate Beck-Deharde vorgeschlagen und ersetzt. Damit wurde den Investoren Daimler und Jako vor den Kopf gestoßen und nebenbei die versprochene Fanposition im Aufsichtsrat aufgegeben. 

Kein Wunder finden sowohl das Präsidium und der Vereinsbeirat die Satzungsänderungen von Micha Reichl nicht sonderlich gut. Es würde heißen, dass Macht und Einfluss verloren geht, weil die Vorschläge für neue Vereinsbeiratsmitglieder nicht mehr durch das Gremium selbst vorgeschlagen werden können, nein ein externes Gremium würde diese Vorschläge machen – hat man da Angst davor, nicht mehr die richtigen Personen auswählen zu können? Was spricht dagegen, wie in einer der ältesten Demokratien der Welt, den USA, nur zwei Amtsperioden zuzulassen? Dazu wurden die heutigen Tagesordnungspunkte so angepasst, dass die Aussprache nach den Abwahlanträgen kommt, selbst Wolfgang Dietrich hat hier mehr Größe gezeigt und die Aussprache davor gesetzt. So wie es immer war, auch bei der Ausgliederung. Viele Beiträge bei der Aussprache betreffen eben nicht nur einen Punkt, sondern viele und sind daher, wie gewohnt, besser aufgehoben.

Liebe VfB Mitglieder, hört euch die Satzungsänderungen von Micha Reichl sehr gut an, es ist vielleicht die letzte Chance, dass aus unserem VfB kein „Claus Vogt und Freunde-Verein“ wird. Wir bewegen uns gerade von einer Dietrich-Seilschaft auf eine Vogt-Seilschaft zu, nein wir sind schon mittendrin. Das kann nicht das Ziel sein, dieser Verein muss weiterhin für alle Mitglieder da sein – Transparenz und offene Kommunikation müssen wirklich mit Leben gefüllt werden. Mit diesem Präsidium und dieser Führung sehe ich dazu keine Chance mehr. 

Danke für eure Zeit!