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Abstieg. Dietrich’s Cut.

Drei Jahre. Zweiter Abstieg. Zugegeben, der zweite Abstieg nimmt mich mehr mit, als der Abstieg vor drei Jahren. Ich versuche das für mich (und euch) mal in den nächsten Zeilen zu klären. Vor drei Jahren hat sich der Abstieg über viele Jahre angekündigt und wir sind oft nahe, sehr nahe an der zweiten Liga vorbeigeschrammt. 2016 hatte es uns dann nach vielen Anläufen erwischt – nach sehr langem Siechtum. Mit dem für mich ersten miterlebten Abstieg war die Hoffnung da, dass sich der Verein ändern könnte und es einen wirklichen Neustart geben könnte. Wie wir alle wissen hat das aber überhaupt nicht funktioniert und vieles deutet nun mit dem zweiten Abstieg binnen drei Jahren auf eine düstere Zukunft hin.

Vor drei Jahren konnte man den Abstieg als Betriebsunfall abtun, man konnte sich neu ausrichten, neu organisieren und im Umfeld war ein Zusammenhalt zwischen Fan, Mannschaft und Verein zu spüren – ja es gab sogar die Ansätze einer (Zweitliga-)Euphorie. Zuschauerrekorde daheim und auswärts. Ja, es hat sich gut angefühlt in der Saison 2016/2017 und am Ende stand der Aufstieg. Und die ersten Schritte in der zweiten Liga, die ersten Entscheidungen, das Personal – es sah alles gar nicht ganz schlecht aus.

Zurück ins Jahr 2019. Noch mehr als vor drei Jahren war dieser erneute Abstieg, dieser Absturz – für mich – total zu vermeiden. Vielleicht nimmt es mich deswegen mehr mit, auch mit dem Wissen, dass ein erneuter Wiederaufstieg ein deutlich schwereres Unterfangen wird. Einerseits die Frage, ob man das Umfeld nochmals begeistern kann, andererseits weil mit Hannover 96, Hamburger SV und Nürnberg sich gleich mehrere „Schwergewichte“ um die ersten zwei Plätze streiten werden. Vor drei Jahren war es fast nur Hannover 96, mit denen wir um den Aufstieg gekämpft haben.

Es war zu vermeiden? Es war vorhersehbar? Ja, das war es und das hat nichts mit Besserwisserei zu tun. Nur alle kritischen Stimmen der Ultras, der Blogger, der Podcasts wurden abgetan. Irgendwo zwischen Erfolgsverweigerern, ahnungslosen Vollidioten, krakeelenden Fans wurden die kritischen Stimmen abgekanzelt. Angefangen von einem Präsidenten, der bei seiner Wahl einen Publizist als Drecksack bezeichnet und nicht im Ansatz, wie angekündigt, auf seine Kritiker zugegangen ist. Die Spaltung wurde durch einen populistischen Wahlkampf zur Ausgliederung weiter (bewusst) vorangetrieben. Wir, die Guten, die den Erfolg wollen und den auch bekommen werden. Die, die Bösen, die sich gegen den Erfolg stellen, die eben Erfolgsverweigerer und Ewiggestrige sind. Virtuelle Prügel gab es für die Kritiker genug – spannend wäre es zu sehen, wie viele Fähnchen hier sich mittlerweile im Winde gedreht haben. Ein Präsident der wahlweise von Top3 oder mal Top6 faselte – aber natürlich ist das Umfeld mit der hohen Erwartungshaltung an der ganzen Misere schuld – nicht wahr Herr Porth? Dazu eine lokale Presse die treu ihrem Präsidenten die Stange hielt und ja kein kritisches Wort schrieb und erst als alles den Bach runterging, wieder aus der Versenkung kam. Auch wenn hier andere Journalisten erst einmal die Vorarbeit leisten mussten und die Verstrickungen und Verfehlungen rund um das Thema Quattrex herausgearbeitet haben.

Die Warnungen der Ultras und dem Rest der bösen Kritiker vor Dietrich, der Ausgliederung und den vielen Millionen wurden weggebügelt. Heute stehen wir vor dem Scherbenhaufen einer von der Daimler AG initiierten Ausgliederung. Die von Dietrich großmaulig angekündigte Kontinuität gab es vermutlich nur auf seinem Konto, aber mit keiner Minute beim Personal an der Mercedesstraße. Drei Sportdirektoren, vier (bald fünf) Trainer. Damit konnte ja keiner rechnen, der sich zuvor mal mit Dietrich, seinem Führungsstil oder seinem (Mit-)Wirken bei den Stuttgarter Kickers informiert hatte. Alles mit Ansage.

Verantwortung wollte man zeigen, sagte Dietrich bei der Ausgliederung. Verantwortungslos im höchsten Maße war der Umgang mit dem Einmalgeld der Ausgliederung. Millionen verpulvert in die Gehälter für alternde Ex-Stars. So die Zahlen stimmen wird Mario Gomez bis zu 4,5 Mio im Jahr verdienen. In der zweiten Liga. Aber man konnte sich so prima mit der „der verlorene Sohn kommt heim“ Story schmücken und die Ja-zum-Erfolg-Sager auch entsprechend mit so einem Goodie glücklich machen. Schaut hin, das wäre ohne Ausgliederung nicht gegangen. Der von Dietrich installierte Reschke setzte Verträge auf, für die man ihn eigentlich noch rechtlich belangen sollte, wildeste Klauseln wurden hinzugefügt, die alle nur eines eint: sie sind alle zum Nachteil des VfB Stuttgart. Das ist alles so vereinsschädigend, dass es einem die Sprache verschlägt. Hier wurden wieder sämtliche Taschen von Beratern gefüllt, Vetterleswirtschaft betrieben, da kann der Kölsche Klüngel nur neidvoll nach Stuttgart blicken.

Aber natürlich hat Wolfgang Dietrich mit alldem nichts zu tun. Alles nicht seine Schuld. Er schaffte es ja neulich schon, sich von jeder Schuld freizusprechen. Nur so kommst du nicht aus der Nummer raus, dieser zweite Abstieg ist genau deine Arbeit, es ist der Abstieg – Dietrich’s Cut.

Und um keine Triologie daraus zu machen, müssen einige Herren aus dem Aufsichtsrat und Freundeskreis auch noch ihre Hüte nehmen. Dietrich war ihr Kandidat für das Präsidentenamt, auch um die Ausgliederung durchzudrücken. Es ist eure Verantwortung! Aber nein, Daimler stellt sich am heutigen Mittwoch über eine Pressemitteilung hin, dass man natürlich auch in der schweren Zeit zum VfB steht und man volles Vertrauen in die Gremien und den Präsidenten hat. Natürlich, eine Krähe sticht der anderen nicht das Auge aus. Es ist ja ihr Kandidat und mit einer Abkehr von Dietrich würden sie sich ihr Versagen eingestehen. Porth ist es in der Mitteilung auch nicht zu peinlich die „Zusammenhalt“ Nummer zu spielen. Mit euch wird es kein wir geben. Vergesst es.

Da diese Herren immer noch ihr Unwesen treiben und nie den VfB über ihre eigenen Egos stellen werden, deswegen sehe ich die Zukunft dunkler, wie noch vor drei Jahren. Sie sind dafür verantwortlich, dass wir ein zweites Mal in kurzer Zeit abgestiegen sind, übernehmen keinerlei Verantwortung dafür. Wie soll man da noch hoffnungsvoll in die Zukunft blicken?

Der zweite Abstieg hinterlässt bei mir eine große Leere und Trauer, gepaart mit Wut auf diese Vetterleswirtschaft – weil es keine Hoffnung auf Besserung gibt.

R.I.P. VfB!

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