Noch ein Artikel zur #aoMV, nochmal einer der meint er hat die Weisheit mit den berühmten Löffeln gegessen? Teil eins der Frage kann ich mit ja beantworten, Teil zwei kann ich mit nein beantworten. Natürlich habe ich auch nicht die Antwort auf alle Fragen, die die mögliche Ausgliederung des VfB Stuttgart betreffen und natürlich habe ich auch nicht die Patentlösung wie man es genau richtig macht, damit auch alle beim VfB zufrieden sind. Aber sind wir ehrlich die Lösung gibt es so oder so nicht.
Nach dem Aufstieg ist vor der #aoMV. Kaum hat der VfB das erste Großereignis in der Saison 2016/2017 hinter sich gebracht, steht schon das nächste – richtungsweisende – „Spiel“ an. Die vom VfB Stuttgart vorangetriebene außerordentliche Mitgliederversammlung, an der am Ende – aus Sicht des VfB – nur die Ausgliederung stehen kann und soll.
Es gab in den letzten Wochen viel böses Blut, was dieses Thema betrifft. Nicht nur zwischen VfB und Fans, sondern auch vor allem zwischen den Fans. Das ist ein sehr unschöner Nebeneffekt der ganzen Kampagne und meiner Meinung hat der VfB dazu auch einen sehr großen Teil beigetragen. Aktuell gibt es eigentlich nur zwei Gruppen „dafür“ oder „dagegen“. Wer aktuell nicht dafür ist wird gerne als „Erfolgsverweigerer“ bezeichnet, nicht vom Verein natürlich, aber vor allem von den anderen Fans, die nicht verstehen können, wie und warum man sich überhaupt gegen diese Summe von Daimler wehren kann. Die nicht verstehen können, dass man nicht jubelnd mit „ja“ stimmt, weil es wird ja danach alles besser.
Das wir diesen Zustand haben, ja dafür hat der VfB sehr viel getan. Aus Marketing-Sicht kann man sagen, der VfB bzw. die Agentur, die die Ausgliederungs-Kampagne betreibt, macht sehr sehr gute Arbeit. Verdiente Spieler werden zuerst auf den Facebook-Kanal von Dietrich und dann via VfB geschickt platziert. Das geht weiter bei der Wortwahl in den Aussagen, es ist eigentlich ein typischer Wahlkampf. Man bricht das ganze Konstrukt auf wichtige, einfach Aussagen runter. So wie bei Wahlen gerne „Wohlstand für alle“ oder „Freiheit. Familie.“ oder andere große Worte stehen, so ist es beim VfB ein „Ja zum Erfolg“ geworden. Nur eigentlich gehören zu einem Wahlkampf mehrere Parteien, die haben wir hier aber nicht. Bzw. die Gegenstimmen, die anderen Parteien, die andere Ansichten vertreten, müssen sich mühevoll Aufmerksamkeit und eine Stimme erarbeiten. Das geht über Blogs wie den VfB Blog oder die Stellungsnahme des Commando Cannstatt. Es ist mühsam und es hat deutlich nicht die Reichweite, die ein VfB durch seine ganzen Kanäle natürlich nutzen kann. Und ja, natürlich ist der VfB nicht verpflichtet Gegenstimmen über seine Kanäle zu unterstützen, weil das Ziel ist ja die Ausgliederung zu erreichen und man wird sich sein eigenes Ziel ja nicht torpedieren. Schade ist aber dann, dass in den „neutralen“ Medien deutlich mehr Pro-Artikel zu lesen sind und meiner Meinung eine kritische Auseinandersetzung mit dem Vorgehen bzw. Plänen des VfB nur bedingt stattfindet. So darf der VfB zum Beispiel über die Stuttgarter Nachrichten/Zeitung die Stellungsnahme des Commando Cannstatt beantworten und – vorsichtig gesagt – alle Aussagen ins Reich der Fabeln verweisen. So solle man doch auf der VfB Seite „Ja zum Erfolg“ nachschauen, warum alleinig nur die AG die richtige Gesellschaftsform ist.
Wie gesagt der VfB macht das gut, nutzt alle Kanäle und die Presse gerne mit dazu um sich zu positionieren. Und es wirkt. Hätte ich vor einem Jahr es noch für nicht möglich gehalten, dass die 75% durchgekommen, mittlerweile glaube ich daran, dass es so kommen wird. Weil das Erfolg, Erfolg, Erfolg so lange wiederholt wurde, bis auch viele dran glauben, die es vielleicht zuvor nicht getan haben. Mit der Seite, mit viel – sorry lieber VfB – viel Polemik wie „Fake vs. Fakten“, einem Erklärvideo bei dem ich mich ganz ehrlich frage, ob ich im Schwabenalter bin oder noch in der Grundschule, wenn mein Verein so mit mir kommuniziert. Da fühle ich mich einfach nicht für voll genommen als Mitglied. Natürlich kann sich nicht jeder mit Gesellschaftsformen beschäftigen oder hat das mal während dem Studium oder sonstwo getan. Trotzdem kann ich mehr Informationen, mehr Hintergrundwissen verlangen und ja ich sollte sie auch bekommen. Das ging bei anderen Vereinen auch und da komme ich mir einfach wie ein „vollständiges“ Mitglied behandelt vor und nicht wie jemand der am besten auf das „ja“ Knöpfchen drücken soll.
Und dann ist man wohl eben einfach „Erfolgsverweigerer“ – dazu darf man mich dann auch gerne zählen. Da wird der geschätzte Abiszet vom Vertikalpass wirklich via Facebook und Kommentare angegangen, wenn er die Frechheit hat sich nicht nur positiv zur Ausgliederung zu äußern. Entschuldigung Leute, die eigene Meinung zu so einem Thema muss erlaubt sein und sie muss auch respektiert werden. Und zu dieser eben doch mittlerweile, leicht aggressiven Grundstimmung, hat der VfB wie oben erwähnt beigetragen, weil man darf sich ja wohl nicht gegen den Erfolg stellen. Und ja, das ärgert mich. Ich persönlich kenne viele die nicht grundsätzlich gegen eine Ausgliederung sind – ich im übrigen auch. Mich stören aktuell eben einige Punkte:
- Der Zeitpunkt: ja vermutlich gibt es keinen idealen Zeitpunkt – sagt ja auch der VfB. Für mich ist dieser trotzdem nicht sinnvoll, 1-2 Jahre in der Bundesliga und wir haben wieder ein ganz anderes Standing. Und egal ob mit oder ohne das Zusatzgeld: wir werden gegen den Abstieg spielen, was auch Jan Schindelmeiser sagt. Die Eile die der VfB gerade hier an den Tag legt, überrascht mich. Sie lässt mich eher skeptisch zurück. Ja, das ist nur ein Bauchgefühl.
- Das Vorgehen: Ja der VfB will das, deswegen wurde Dietrich installiert. Es ist sein gutes Recht. Und trotzdem muss ich das Vorgehen nicht gut finden. Inklusive der schon ausführlich behandelten Kampagne, die in mir mehr Trotz als Überzeugung hervorruft.
- Der Partner: Daimler. 99% schreien Hurra. Ich nicht, weil ich seit vielen Jahren nicht das Gefühl habe, dass Daimler den VfB als vollwertigen Partner ansieht. Da wird nur geschaut, dass kein anderer seinen Fuß in den Verein bekommt und dann investiert man hier und dort mal ein paar Millionen und dann „isch wieder a Ruh beim VfB“. Genau so fühlt sich diese Partnerschaft für mich an. Nicht nach „komm lass uns gemeinsam durchstarten“. Nicht nach Augenhöhe, sondern der VfB sollte immer dankbar sein, dass der Daimler so nett ist. Stadionnamen, Trikotsponsor, es sieht oft halbherzig aus. Natürlich nahm Daimler die Möglichkeit einmalig sich die Namensrechte am Stadion zu sichern dankbar an, so günstig geht das sonst in keinem anderen Bundesliga-Stadion. Das Sponsoring soll ja nach einer Ausgliederung angepasst werden, aber ob um 2,50 im Jahr oder 2,5 Mio im Jahr – wir wissen es Stand heute nicht. Auch hier fehlen Informationen vom VfB, die vielleicht Zweifelnde zu einem „Ja“ verleiten könnten.
- Die Rechtsform: ich sehe die AG nicht so unbedenklich wie Wolfgang Dietrich im Sinne von „selbst wenn Geld verpufft, VfB steht da wie früher“. Daimler kann seine Anteile mal nicht mehr wollen. Vielleicht wollen Sie bei einem (anderen) großen Verein einsteigen und die DFL Statuten erlauben aber nur Beteiligung an einem Verein. Auch „unter mir werden nicht mehr Anteile verkauft“ (Dietrich) ist keine Aussage auf Dauer. Darauf gebe ich nichts. Dann werden es, wenn das Geld mal knapp wird, doch nicht nur 24,9%, sondern auch mal 49,9%. Muss nicht sein, aber sollte der Verein ähm die AG in einer extremen Schieflage sein – warum sollte das nicht getan werden.
- Die handelnden Personen: Ja, großer Aufschrei vermutlich jetzt „aber aber Jan Schindelmeiser“. Ja, er macht seine Arbeit gut – seit noch nicht einmal einem Jahr. Ob das wirklich gut ist und wie nachhaltig das ist, werden wir in 1-2 Jahren sehen. Heute nur bedingt. Stefan Heim, der bei den bisherigen Veranstaltungen beim VfBimDialog vor allem dadurch aufgefallen ist, alles wegzulächeln. Nein ehrlich, dem möchte ich keine 41 Mio anvertrauen. Es fühlt sich nicht richtig an. Und zu guter letzt – Wolfgang Dietrich. Ja, er macht das verdammt gut (bzw. die Agentur die ihm sein Facebook-Account und alles auf den Leib schneidert), aber nein, er ist nicht mein Präsident. Ein Mann der im Erfolg (gerade Präsident geworden) einen Redner beschimpft und auch sonst nicht zimperlich mit anderen Stimmen umgeht – nein, das hat für mich nichts mit „gemeinsam“ sondern mit „wir gehen unseren Weg, koste was es wolle“ zu tun. Wann man mal leise bei den Blauen aus Degerloch nachfragt, da wurde von ihm bzw. seinem Firmengewirr sehr viel zerbrochenes Porzellan hinterlassen.
- 41 Mio ist nett, aber es soll auf drei Säulen verteilt werden. Eine Säule sind Beine. Dietrich hat ja schon verkündet ohne Ausgliederung können wir so Spieler wie Mané gar nicht halten. Wie viel genau in Beine fließt wissen wir nicht, das wurde nicht kommuniziert. Sagen wir mal 25 Mio vielleicht? Ablöse von Mané liegt bei 15 Mio plus Handgeld – und dann ist schon nicht mehr viel da. Reicht nicht mal mehr für Brekalo. D.h. die einmalige Summe verpufft sehr schnell.
- Ja zum Erfolg: Weil es einfach nicht stimmt. Weil weder 41 Mio, noch 141 Mio einen Erfolg garantieren. Nichts garantiert das. Beispiele gefällig: FSV Frankfurt, waren ausgegliedert, sind insolvent. Ja, klar ganz andere Voraussetzungen und überhaupt. Okay, aber dann: Hamburger SV. Ausgegliedert mit großen Versprechen, viel investiertem Geld. Resultat: Abstiegskampf 4 life! Und vor allem so wie vom VfB dargestellt (CL, EuroLeague Plätze oder auch von Hitz in dem Video „hier will ich wieder mit euch feiern“ als er auf dem Schloßplatz steht). Das ist vorsichtig gesagt unverantwortlich vom VfB mit solchen Zielen und Versprechen zu locken. Da stehen viele Vereine vor uns, die mit deutlich mehr Geld – auch dauerhaft – ausgestattet sind. Die haben mal ein schlechtes Jahr, aber sie werden alle wieder um die Top-Plätze kämpfen. Bayern, Dortmund, Leipzig, Hoffenheim, auch Leverkusen, Schalke, Gladbach – denen machst du mit 41 Mio nicht einmal Angst.
- Die Vergangenheit: Die handelnden Personen haben natürlich mit der Vergangenheit nicht viel zu tun. Aber viele VfB Fans sind gebrannte Kinder. Der Verein steht vor allem dort (noch in der 2. Liga) weil in den letzten Jahren reihenweise Fehlentscheidungen getroffen wurden und nicht weil der Verein eben ein Verein war. Und ein gebranntes Kind scheut das Wasser – ich kann dem neuen Führungspersonal wirklich erst „meinen“ Verein anvertrauen, wenn ich sehe, dass sie sorgsam damit umgehen und planvoll, sinnvoll arbeiten. „Was heißt das“ fragen dann viele. Wenn wir die nächsten 3 Jahre nichts mit dem Abstieg zu haben wäre das für mich – Stand heute – schon ein großer Erfolg.
- Und natürlich: ich habe als Mitglied – auch wenn es der VfB anders darstellt – nicht mehr bzw. noch deutlich weniger Möglichkeiten an meinem VfB mitzugestalten. Wurde ausführlich ja schon auf dem VfB Blog etc. ausgeführt, dass es dann eben einen Verein und eine Fußballabteilung gibt und Möglichkeiten wie den AR nicht zu entlasten, einfach keine Wirkung mehr haben, um nur ein Beispiel zu nennen.
Was mir einfach ganz arg wichtig ist, auch wenn die Gegenstimmen keine wunderbaren Testimonials wie Sami Khedira, Guido Buchwald und Co. haben, kein Geld haben ein schickes Erklärvideo zu produzieren oder einen schicken Auftritt zu erstellen – lest euch die Artikel und Ausführungen durch. Macht euch ein Bild und stimmt ab, wie ihr es für richtig haltet.
Aber beschimpft bitte andere nicht als „Ewiggestrige“ oder „Erfolgsverweigerer“, es gibt Menschen die haben eine andere Meinung dazu, sie können diese sogar begründen. Sachlicher und fundierter als vieles was vom VfB in der letzten Zeit kam. Es kann sein, dass die DFL bald als Voraussetzung für die Bundeslgisten hat, dass die Fußballabteilung kein Verein mehr sein darf. D.h. aber im Umkehrschluss nicht, dass ich genau diesen Vorschlag vom VfB gut finden muss und genau diesen Weg einschlagen muss.
Wie bei der Wahl des Präsidenten – mir fehlen die Optionen.